Ein 18″ Dobson entsteht, Teil 1

Spiegelherstellung und Gedanken zum Dobson

Nach dem ITV 2017 stand für mich fest, dass ich eine endgültige Guckmaschine brauche. Ein Freund von mir hat einen wundervollen 18″ Dobson und diese Größe ist für mich der besten Kompromiss aus maximaler Öffnung, Transportabilität und der Möglichkeit nur mit einer kleinen Stehhilfe aber ohne Leiter zu beobachten. Leider habe ich mit ca. 17 Jahren bei rund 1,72m mein Wachstum eingestellt. Langsamer als F/4.1 darf er also nicht werden und die Rockerbox muß entsprechend niedrig sein.
Das bedingt auch etwas größere Höhenräder, die wiederum eine sehr präziser Führung erlauben.
Es soll ein eher klassischer Dobson werden, Flugtauglichkeit ist nicht notwendig, dafür soll er mal eine Windböe aushalten ohne zu wackeln. In der Eifel bewegt sich fast immer irgendwie die Luft ;-). Trotzdem soll er sich so kompakt wie möglich verpacken lassen.
Ein Monoring als Hut wäre gegangen, ich mag aber auch guten Schutz vor Streulicht, daher wird der Hut genauso wie bei meinem 12″ konstruiert. Dazu später mehr.

Im August 2017 war der Gedanke dann soweit, dass ich mir einen 18″ Rohling, Carbo, Pech und Poliermittel bei Stathis Kafalis bestellt habe.
Besagter Freund hat alles weitere um damit loszulegen, er wird auch maßgeblich das Teleskop nach meinen Vorstellungen bauen. Ich verfüge leider über eine Werkstatt noch das notwendige KnowHow so einen Dobson zu bauen. Meine Bauarbeiten beschränken sich eher auf den Job eines „Handlangers“ und ich mache die kleinen, nervigen Sachen am Teleskop.
Ich habe aber den Ehrgeiz den Spiegel komplett ohne fremde Hilfe zu fertigen und das mit einem Strehl, der auch kritische Augen durchaus zufrieden stellen kann. Wenn das Bild nix taugt, soll es nicht am Spiegel liegen. Hätte ich von den kommenden Problemen und Schwierigkeiten vorher gewußt, ich würde es wieder machen!

Der Rohling kommt Ende August bestens verpackt in Köln an.
Dazu gepackt noch etwas, was ich später mal brauchen könnte, so stand es in der Mail von Stathis, danke dafür!

Glücklicherweise konnte ich den Rohling vorfräsen lassen. Das erspart jede Menge 80er Carbo und Schweiß. Anschliff mit einem 16″ Tool war dann im September. Man beachte den Schweißrand am T-Shirt.

Trotz fräsen ist aber noch reichlich Glas zu entfernen. Der Grobschliff war mit erreichen einer Fase von etwa 4mm abgeschlossen.

Es sollte ab hier mit den üblichen Abstufungen weiter gehen. Dabei wurde immer fleißig die Pfeiltiefe kontrolliert. Um sicher zu sein, dass sich die werdende Sphäre auch einigermaßen in der Mitte des Spiegel befindet, wurde zusätzlich die Fase an zufälligen Stellen gemessen. Ich hab aber scheinbar immer eine ähnliche erwischt, bis auf den Tag, an dem ich eine andere hatte und etwas verzweifelt vor dem Glasstück stand. Die Sphäre hat sich etwas schräg in den Rohling gearbeitet. Es war ein Unterschied von über einem Millimeter. Nach einem Emergency Call bei meinem Freund gab es zwei Möglichkeiten. a: Ignorieren oder b: versuchen mit viel einseitigem Druck das Ding zurück zu holen. Ich nehme b und hab es nach reichlich Stunden geschafft die Kugel wieder gerade und mittig in die Scherbe zu bringen. Die Entwicklung der Sphäre wird dabei immer gemessen und dann mit einer kleiner Exceltabelle ausgewertet.

Das kurze Video läßt ein wenig von der Geräuschkulisse erahnen, die man beim Grobschliff hat. Ich schleife hier „Tool on Top (TOT)“, dass heißt, dass das Wekszeug oben ist und der Rohling unten. Durch wechseln kann man die werdende Form sehr gut steuern. Siehe hierzu auch bei Stathis.

Grobschliff mit Carbo 180

Der weitere Feinschliff verlief dann soweit nach Plan. Die Körnungen werden immer feiner. Vor jedem Wechsel auf die nächst kleiner Körnung, markiere ich mir von der Rückseite her ein Pit (Loch der vorherigen Körnung) mit Edding und überprüfe wie es langsam verschwindet. Dazu verwende ich ein kleines Handmikroskop russischer Bauart. Von unten wird dann mit einer starken Taschenlampe beleuchtet. Wenn ich keine grösseren Pits mehr finde, wird alles gereinigt, Tücher entsorgt und das Shirt gewechselt. Peinliche Sauberkeit ist wichtig um sich keine Kratzer einzufangen (es werden aber welche kommen..)

Feinschliff mit weniger Lärm, dafür das feine Singen von Glas.

Der Feinschliff verläuft mit jeder neuen Körnung geräuschloser. Bei den letzten Körnungen ist schon so gut wie nichts mehr zu hören. Allenfalls ein leises Rauschen oder lautes Fluchen des Spiegelschleifers 😉
Hier wird „Mirror on Top (MOT)“ geschliffen, anders als im Video vom Grobschliff.
Siehe hierzu auch bei Stathis.
Wenn man, wie ich bei dem 18″, mit einem kleineren Tool arbeitet, ändert sich das vorgehen etwas. MOT bringt immer die Gefahr von kippeln und auch Muschelbrüchen mit sich. Man muß schon ziemlich konzentriert arbeiten.
Bei kleineren Spiegel ist es eher so, dass Tool und Rohling den gleichen Durchmesser haben.

Mit der feinsten Körnung beginnt der Rohling langsam im schrägen Licht zu reflektieren. Es ist fasziniernd zu beobachten wie die Oberfläche immer glatter wird. Mitte November war es soweit und der Feinschliff war beendet. Es waren keine größeren Pits mehr zu sehen und es war Zeit einen Topf mit Pech zu kochen.

Das gießen der ersten Pechhaut verlief, dank einer Gießmatte aus Gummi, ziemlich einfach. Das Honig-flüssige Pech wird gleichmäßig auf die Matte gegossen und dann das angewärmte 16″ Tool darauf angedrückt. Danach wird das überflüssige Pech am Rand abgeschnitten. Tool und Pech sollten etwas abkühlen. Anschließend wird auf den Spiegel ausreichend Politmittel mit Wasser aufgebracht. Zusätzlich habe ich eine Fliegengitter darauf gelegt. Dann wird zur Anpassung an die Form das Tool auf den Rohling gepresst.

Durch das Pressen kann es passieren, dass die Kanäle wieder etwas zu gehen. Mit einem sehr scharfen Sägeblatt kann man diese wieder weiten. Wichtig ist auch, dass die feinen Rillen durch das Fliegengitter noch sichtbar sind. Dadurch kann das Poliermittel gleichmäßig überall hin und man verhindert, dass Tool und Rohling sich festsaugen.
Das polieren mit 16″ Tool ist eine verdammt anstrengende Sache, vor allem, wenn beide noch nicht perfekt aufeinander passen und die Sphäre noch nicht perfekt ist.
Mit der Zeit passen sich beide aneinander an und die Politur geht voran.
Ganz spurlos geht diese Arbeit aber nicht an einem Vorüber. Neben deutlich mehr Muskeln und gut 3kg weniger auf der Waage macht sich nach einiger Zeit eine Sehnenscheidenentzündung bemerkbar. Noch ignoriere ich das, zeigt sich doch immer mehr, dass die Oberfläche sowas wie eine Teleskopspiegel wird.

Wie es der Zufall will, finde ich ein Angebot für einen gebrauchten Fangspiegel der Firma Antares mit 101mm kleine Achse. Die Messwerte des Spiegel und der Preis lassen mich nicht lange überlegen. Gebraucht sind Fangspiegel in der Größe so gut wie nie zu finden. Fast zeitgleich wird auch der beste Okularauszug für Dobsenschubser angeboten, ein Feathertouch. Auch hier schlage ich zu.

Anfang Dezember ist der Spiegel auspoliert. Das Interferometer nach Bath wird erstmals in Betrieb genommen. Bisher habe ich mit einem völlig simplen Foucaulttester die Güte der Form (ist es sowas ähnliches wie eine Sphäre?) und die grobe Brennweite bestimmt. Zum messen taugt der Focaulttester aber nicht, da er nur aus einer LED in einem kleinen Brettchen und einer Cutterklinge besteht.
Es läßt sich im Brennpunkt der Kugel (ROC) aber zumindest erkennen, dass das Ding nicht völlig aus der Form ist und die Brennweite läßt sich auch ganz gut bestimmen.

Die erste Messung sah gar nicht sooo schlecht aus und entsprach ziemlich genau dem, was ich im Foucault auch sehen konnte. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür wie man schon anhand der Streifen in etwa die Form des Spiegel abschätzen kann und ob grobe Fehler vorliegen. Präzise Auswertungen lassen sich aber am einfachsten per Software durchführen. DFTFringe von Dale Eason ist dafür das perfektes Werkzeug
Die Auswertung der ersten Interferogramme bezieht sich auf eine Sphäre.
Später wechselt man auf eine Parabel als Ziel. Die Auswertung zeigt die Abweichung von der perfekten Form an, im Idealfall also eine gerade Linie.

Das erste Interferogram zeigt einen deutlichen Berg in der Mitte. Mit entsprechender Politur kann man diesen Berg recht gezielt abtragen. Leider habe ich ein wenig zu viel des guten poliert. Das Ergebnis war ein ziemlich tiefes Loch. Man sag aber, jeden Fehler den man in den Spiegel poliert, kann man auch mit polieren wieder weg bekommen.

Mit der Zeit nähert sich der Spiegel immer mehr eine guten Sphäre an. Die From will aber nicht so richtig und bewegt sich immer in Richtung einer Parabel. Nach drei, vier Tagen versuche ich nicht weiter näher an die Sphäre zu kommen. Das polieren mit dem 16″ Tool ist extrem anstrengend und meine linke Hand meldet, dass sie eigentlich nicht mehr kann. Die Sehnenscheiden- oder Nervenentzündung ist mittlerweile sehr schmerzhaft und mein kleiner Finger hört nicht mehr auf zu kribbeln, ansonsten hab ich kaum noch ein Gefühl darin.
Ich entschließe mich mit einem kleineren Tool weiter zu polieren. Ich habe verschiedene Tools mit 250, 200, 100mm zur Verfügung. Hiermit komme ich endlich weiter und der Spiegel bewegt sich in Richtung einer Parabel.
Bei einem Strehl von 0,70 komme ich nicht so recht weiter. Mal geht er rauf auf 0,85, dann wird er wieder schlechter. Im März bewege ich mich um einen Wert von 0,85 und auch mal rauf auf 0,90. Ich verstehe immer besser, welche Technik und welches Werkzeug und wie lange welches Ergebnis bringt. Ich lese einige Threads aus astrotreff.de und stelle fest, dass ich alle Probleme, die man haben kann auch habe. Dort finde ich viele Tipps wie man weiter machen kann.
Die Schmerzen im Arm, lassen es aber kaum noch zu vernünftig zu polieren. Ich entschließe mich eine längere Pause einzulegen. Der Sommer 2018 läßt mich auch nicht wirklich an polieren denken. Es dauert bis Ende Dezember, bis ich mich wieder aufraffen kann weiter zu machen. Zwischenzeitlich gingen aber die Arbeiten am Dobson weiter. Da gehe ich noch drauf ein.
Ich habe mir viele Gedanken über das weitere Vorgehen gemacht, viel gelesen und beschieße so systematisch wie mir Möglich ist zu arbeiten. Die Poliersessions werden kürzer und ich verwende viel Zeit für die Messungen. Ich messe nicht mehr nur in 2 Stellungen (mit 90° Drehung), sondern mit 4 Stellungen, später auch mit 5. Nach und nach verbessert sich der Strehl von um die 0,9 bis auf 0,95. So langsam komme ich in den Bereich wo ich hin möchte. Im Februar habe ich wenig Zeit, aber im März geht es auf die Ziellinie. Die letzten Retuschen am Spiegel werden mit sehr kleinen Tools von nur 2cm Durchmesser gemacht. Erstmals messe ich einen Strehl von 0,96. Ich mache noch eine weitere Session von wenigen Minuten und lande bei besser 0,97. Das soll es erstmal gewesen sein.


Der nächste Schritt ist ein Test am echten Stern. Mein Freund hat einen 18″ Dobson mit sehr ähnlicher Brennweite, sodass ich den Spiegel in seinem Teleskop testen kann
Ein erster Blick auf den Mond läßt mich sehr leise werden. Das Gefühl zum ersten mal damit zu beobachten ist unglaublich. Ein gestochen scharfes Bild zeigt sich, feine Details, kleinste Krater. Selbst bei hoher Vergrößerung bricht das Bild nicht ein.
Es folgt noch ein Test am Stern und auch mein Freund bestätigt, dass die Scherbe fertig ist. Der Sterntest zeigt keine Auffälligkeit, vor allem keinen Astigmatismus. Intrafokal ist das defokussierte Bild etwas weniger knackig, man muß aber genau hinschauen. Das Seeing läßt sogar immer mal wieder den ersten Beugungsring erkennen. Auch hier gibt es nichts zu meckern. Der Spiegel ist fertig!

Die finale Auswertung zeigt, dass der Spiegel in der Mitte immer noch eine kleine Vertiefung hat. Im DFTFringe kann man einen Fangspiegel „einbauen“ Es zeigt sich, dass die Vertiefung praktisch vollständig im Schatten des Fangspiegel liegt und somit optisch nicht wirksam ist. Manchmal passen die Dinge einfach 😉
Die simulierte Sternabbildung passt ziemlich genau zu dem, was ich auch beim Test gesehen habe. Der Spiegel hat eine ganz leichte Überkorrektur (die Mitte ist etwas zu tief und der Rand zu flach), die auch zu erkennen ist, wenn man weiß wo. Günstiger wäre eine Unterkorrektur, da das dem Verhalten bei Abkühlung entgegenkommt. Aber der Wert ist noch völlig unkritisch und am fokussierten Stern nicht zu erkennen.

Der Spiegel war somit fertig. Leider habe ich mir bei einer der letzten Poliersessions noch zwei Kratzer eingefangen. Diese sind zwar feiner als ein Haar aber deutlich zu sehen. Optisch ist deren Wirkung ziemlich genau 0, aber er ärgert doch ein wenig. Vor allem weil ich nicht weiß woher sie kommen, da ich schon sehr akribisch auf Sauberkeit geachtet habe. Ich vermute, dass sich in einem T-Shirt, trotz waschen doch noch irgendwo ein kleines Körnchen befunden hat. Beim nächsten Spiegel werde ich auch darauf achten. Ein paar Wochen später habe ich den Spiegel dann zum verspiegeln verschickt. Ich habe die Beschichtung in Ungarn machen lassen. Lajos, von Teleskop Austria übernimmt den Transport ab Wien. Dort wird von einem Unternehmen eine dielektrische Beschichtung aufgebracht, die eine höhere Reflektivität als eine normale Alu Beschichtung hat. Des weiteren ist die Schutzschicht etwas unempfindlicher.

Ein paar Worte zu Lagerung des Spiegels für die Messung. Der Spiegel wird fast schwebend in der Schwerelinie gelagert. Unten liegt er an zwei Stellen punktförmig auf Unterlegscheibe. Oben verhindert eine Sicherung, dass er nach vorne kippt. Er wird dabei nur ganz leicht nach hinten angelehnt. Zusätzlich wird alle um den Spiegel isoliert um keinen zu starken Temperaturgradienten zu bekommen.
Diese Lagerung verursacht einen starken Knickastigmatismus, durch drehen des Spiegel und anschließenden zurückdrehen der aufgenommen Interferogramme kann man durch Mittelung der Aufnahmen diesen Asti herausrechnen, da diese Lagerung in jeder Position den gleichen Asti verursacht und damit reproduzierbar ist.
In jeder Position werden je drei bis fünf Aufnahmen mit unterschiedlicher Orientierung der Linien gemacht. Das ganze mit je ca. 8 Stunden Wartezeit, damit der Spiegel seine endgültige Form hat. Gegen Ende dauert alleine das Messen dadurch einen ganzen Tag.

Der Bau des Teleskops muß jetzt fahrt aufnehmen um meinem Ziel alles zum ITV 2019 fertig zu haben. Zum Bau des Dobson geht es hier lang.