Komakorrektor zur visuellen Nutzung

Ein kluger Mensch hat mal gesagt: „Wenn du unglücklich sein willst, dann vergleiche!“

Dieser Satz passt auch wunderbar auf so ein „überflüssiges“ Zubehör wie ein Komakorrektor zur visuellen Nutzung.
Ich kann nur jedem, der mit seinen Newton schneller als f/5 mit der Abbildung sehr zufrieden ist empfehlen, niemals einen Komakorrektor zu testen.
Entweder kauft man sich so ein Ding oder man läßt es. „Nur mal testen“ macht unglücklich. Angefangen hat es an meinem 12″ f/5. Vor längerer Zeit wurde in einem Forum der ältere Typ 1 des Paracorr der Firma Televue angeboten. Der Preis war noch übersichtlich und ich habe zugeschlagen. Schon der erste Test zeigte, dass ich sowas immer schon vermißt habe. Die Abbildung der Sterne war vor allem in meinem 30mm Herbrugg, später 30mm Leitz 88, deutlich besser als ohne Korrektor. Die Sterne werden im Zentrum kleiner und schärfer. Der Fokus „rastet“ bei gutem Seeing richtiggehend ein. Zu höheren Vergrößerungen war es sichtbar, aber auch ohne noch sehr gut, dank gut korrigierter Okulare. Hier hat der Gewinn an Schärfe jetzt nicht wirklich vom Hocker gehauen. f/5 ist noch entspannend für Okulare.

An meinem 18″ f/4.1 sieht das schon ganz anders aus. Hier ist der Gewinn deutlich zu sehen. Im direkten Vergleich sind die Sterne über alle Vergrößerungen kleiner und schärfer und das über das gesamte Gesichtsfeld.
Wie es so ist, liest man hier und stöbert dort. Man findet Vergleichstests Typ 1 und Typ 2 des Paracorr. Der neuere Typ 2 ist für Spiegel bis hinunter zu f/3 gemacht, Selbst darunter soll er noch gut funktionieren. Das Ganze bei voller Ausleuchtung und einem deutlich besser geebneten Feld. Lange habe ich mit der Anschaffung gehadert. Das Ding baut höher als der Typ 1 und ist sündhaft teuer. Was mich ein wenig am Typ 1 genervt hat war, das einige Okulare nicht sauber klemmen und das es leichte Verkippung beim spannen geben kann. Der Typ 2 ist hier deutlich besser, aber immer noch nicht perfekt. Ausserdem nervt auch der Turnable Top etwas. Hiermit stellt man den optimalen Abstand Okular zur Brennebene ein und muß, je nach Okular nachgestellt werden.

Von der Firma Starlight Instruments, bekannt für ihre erstklassigen Feather Touch Okularauszüge, gibt ein den sog. SIPS. Dieser ist abgestimmt auf den Feather Touch 2015 Okularauszug, den ich zufällig an meinem 18″ verbaut habe. Der SIPS wird an die Basis des OKZ montiert und nimmt seinerseits den OKZ auf. Vorteil ist, einmal eingestellt können alle Okulare wie gewohnt fokussiert werden. Keine Verkippung, kein Einstellen und nur zwei Schrauben zum klemmen. Abgeschreckt hat mich bisher nur der Preis. Längere Zeit habe ich die Foren durchsucht, leider wurde nie ein SIPS angeboten, wohl aus gutem Grund.
Ein Händler in Augsburg hatte eine Vorführteil schon länger gelistet. Nach langem hin und her habe ich den SIPS dann bestellt. Gut verpackt wurde mir er dann in die Eifel geliefert. Der Händler war auch so freundlich mir einen Inbus in Zoll Maß dazu zu legen.
Den passenden habe ich irgendwo in Köln. Starlight Instruments kennt das metrische System leider noch nicht.
Die Montage geht schnell von der Hand. Mitgeliefert wir ein 2″ Ring auf den man etwas milchiges Klebeband pappt und sich so eine Mattscheibe bastelt. Hiermit wird, zunächst ohne Okular, ein heller Stern oder der Mond eingestellt, Planeten wäre besser, leider aktuell für mich nicht erreichbar. Die optimale Position läßt sich dann durch drehen des SIPS inclusive OKZ einstellen. Hat man die Position gefunden, wird mit dem dicken Ring gekontert und der OKZ wieder in seiner gewünschten Position fixiert und alles wird gut.

Ein erster Test am Mond sah schon toll aus. Sofort ist mir aufgefallen, dass das Bild deutlich besser geebnet wird. Die Abbildung ist sehr scharf.
Es dauerte leider noch eine Weile, bis sich die ersten Stern zeigten. Dann war es aber soweit. Mir ist die Kinnlade runter gefallen, ich hätte nie gedacht, dass der Unterschied zum Typ 1 nochmal so deutlich sichtbar war. Sehr feine Sterne, wirklich sichtbar kleiner und damit auch deutlich schärfer als mit dem Typ 1, der schon wirklich gut ist.
„Leider“ konnte ich an meinem Leitz 30mm sehr deutlich sehen, dass der Typ 2 tatsächlich jegliche Koma perfekt korrigiert. Es ist keine Koma mehr sichtbar, auch nicht am Rand! Dadurch ist im Leitz jetzt zu sehen, dass es für eine schnellen von Öffnung f/4.1 nicht gerechnet ist. Ab 50% des Feldes wird Okularastigmatismus sichtbar. Das zeigt sich darin, dass Sterne am äusseren Rand intrafokal zu Strichen Richtung Zentrum werden, extrafokal laufen die Striche um das Bildzentrum. Etwas Abhilfe schafft man, wenn es wirklich stört, dadurch, dass man nicht auf einen Stern im Zentrum fokussiert, sondern einen etwas ausserhalb. Sterne in Richtung Rand werden dann etwas dicker abgebildet, blieben aber kleine Ovale.
Ganz anders sieht es aber mit korrigierten Okularen aus. Winzige, gestochen scharfe Sterne bis an den Rand. Im ES 14mm 100° absolut perfekte Abbildung. Auch in meine Pentax Okularen, die gar nicht für dieses Öffnungsverhältnis nicht gerechnet sind.
Die Meade UWA der Serie 4000 zeigen perfekte Sterne, diese sind, bis auf ein paar Details identisch mit den Nagler Okularen. Sogar meine „Handgranate“ Nagler 20mm Typ 1 zeigt sich erfreut und teilt mit, dass es noch nicht ganz perfekt korrigiert ist. Sterne am äussersten Rand zeigen neben der lateralen Farbe, auch etwas dickere Backen.

Als Paradeobjekt, um wirklich zu sehen welcher Gewinn sich einstellt, habe ich M13 und M71 genutzt.
M13 zeigt deutlich mehr winzige Sternchen im Kern, bisher bin ich immer davon ausgegangen, dass ich den im 18″ wirklich bis ins Zentrum auflösen kann. Jetzt sieht es so aus, als ob noch mehr auflöste Sterne dazu gekommen sind. Den gleichen Eindruck habe ich auch an M92, er ist noch „aufgelöster“ 😉
Sehr schön ist der Effekt bei M71, bei dem ich mir nie so richtig sicher war, ob da im Hintergrund noch Sterne sind oder nicht. Das Ding ist ja für einen KH recht locker und die Fachleute streiten ob es denn wirklich einer ist. Jetzt kann ich sehen, da ist nix im Hintergrund zum auflösen.
Nebenbei macht es auch einfach Spaß einen hellen Stern wie Wega durch das Gesichtsfeld laufen zu lassen und im 20mm ES 100° „um die Ecke“ zu gucken und zu sehen wie ein gestochen scharfer Stern hinter der Blende verschwindet ohne irgendwelche Lichtausbrüche zu zeigen.
Fazit der ersten beiden Nächte mit dem SIPS ist, dass ich ohne Not nicht mehr „oben ohne“ beobachten werden. Ich werd mir noch eine kleine Box zimmern, in die der SIPS mit dem montierten Okularauszug transportiert wird. Direkt am Hut montiert geht zwar, da der Bereich durch die Höhenräder geschützt ist, aber sicher ist sicher.
Alternativ kann man auch den eigentlich Korrektur heraus schrauben. Dafür ist ein sehr grobes Gewinde angebracht und mit drei Drehungen ist der Linsenstapel ausgebaut.
Nützlich auch zum justieren des Newton.
Weiter gefällt mir sehr, dass man in Okularnähe nur noch zwei Schrauben hat, eben jene zum klemmen. Vorher waren dort fünf zu finden. Zwei zum klemmen im Auszug, eine zum fixieren des Turnable Top und weitere zwei um das Okular im Korrektor zu klemmen.
Einziger Wermutstropfen ist, dass es den SIPS eben nur für den Feather Touch 2015 BCR gibt.
Eine winzige Kritik gibt es aber Richtung Televue. Die okularseitige Linse zeigt Konvex nach oben und steht etwas über den Rand der Hülse. Hier muß man aufpassen, dass man den Korrektor, falls mal ausgebaut, nie auf diese Linse stellt. Er dürften sich schnell Erinnerungen an dieses Missgeschick einstellen.

Ein paar Worte noch zu den genannten Fehler wie Okularastigmatismus und Koma.
Koma ist eine Eigenschaft eines Parabolspiegel. Je größer (schneller) das Öffnungsverhältnis, desto stärker wird sie sichtbar. Sie zeigt sich als fächerförmige Verzerrung eines Stern.
Die Beschreibung der Fehler findet sich sehr gut erklärt in der Wikipedia.
Bei nicht korrigierten Okularen, wie Ortho, Plössl, Erfle, etc., wird am Stern Asti des Okular und die Koma des Spiegel überlagert. Meist zeigt sich das darin, dass Sterne am Rand sichtbar „dicker“ sind oder man sieht sog. „Asti-Schwalben“. Sterne bekommen eine schwalbenschwanzförmige Ausbuchtung. An Teleskopen f/5 und langsamer fällt das aber nicht mehr wirklich auf. Ab f/8 ist dieser Effekt praktisch nicht mehr sichtbar.
Wenn ein Okular als „korrigiert“ bezeichnet wird, so meint das, dass der Astigmatismus korrigiert ist. Ein schneller Newton hat einen ziemlich stumpfes Strahlenbündel im Fokus. Dieser trifft auf die erste Linse des Okulars und erzeugt die auf Wikipedia beschrieben „Aberration der „schiefen“ Strahlen“, Asti. Das Licht vom Spiegel trifft nicht senkrecht zur Achse auf die erste Linse.
Al Nagler hat hier als Erster einen „Trick“ angewendet. Die erste Linsengruppe aus Sicht des Spiegels ist ein Barlow Element, also eine Brennweitenverlängerung, meist als vergitteter 2-Linser ausgeführt. Das Strahlenbündel wird dadurch weniger Stumpf. Ohne Barlowelement haben die Okulare deutlich mehr Brennweite, das erklärt auch, warum die ersten Nagler Okulare so wuchtig waren und z.b. das 31mm Nagler immer noch ist.
Das erste Nagler wurde als Prototyp sogar so geplant. 13mm mit Barlow, etwa 30mm ohne. Das Element konnte man rausschrauben. Bei den Meade UWA der Serie 4000 ist das so möglich (mit dem Nachteil, dass der Asti nicht mehr korrigiert ist). Dieser Kniff wird heute bei praktisch allen modernen UWA Okularen verwendet.
Neben der Korrektur des Asti erzielt man, richtig berechnet, auch einen deutlich komfortableren Augenabstand und kann sogar brillenfreundliche 20mm Abstand für alle Brennweiten erzielen.